MISSION ZUR TATSACHENFESTSTELLUNG
MIT DEM AUFTRAG, DIE GEWALTAKTE UND VORWÜRFE VON MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN IN TOGO
VOR, WÄHREND UND NACH DEN PRÄSIDENTSCHAFTSWAHLEN VOM 24. APRIL 2005 AUFZUDECKEN
29. AUGUST 2005
INHALT
1 EINLEITUNG 4
1.1 Geschichte der Mission 4
1.2 Mandat der Mission 4
1.3 Vorgehensweise 5
1.4 Weitere vor der Mission zur Feststellung der Fakten eingesetzte Missionen und Untersuchungskommissionen 6
1.4.1 Unabhängige nationale Sonder-Untersuchungskommission 6
1.4.2 Hochkommissariat für Rückkehrer und humanitäre Aktionen 7
1.4.3 Von der nationalen Menschenrechtskommission durchgeführte Untersuchungen 8
1.4.4 Mission zur Tatsachenfeststellung durch die Afrikanische Union 8
2 POLITISCHER UND IDEOLOGISCHER KONTEXT DER KRISE 8
2.1 Rolle Togos bei der Beilegung von Differenzen und Konflikten 8
2.2 Abriss der Machtverhältnisse von Ethnien und Clans und der politischen Gewalt 9
2.3 Menschenrechtslage während 38 Jahren unter der Herrschaft von Präsident Eyadema 11
3 CHRONOLOGIE DER EREIGNISSE BEZÜGLICH DER MENSCHENRECHTE 13
4 ART DER VORWÜRFE VON MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN UND VERANTWORTLICHKEITEN 18
4.1 ART DER ÜBERGRIFFE UND VORGEWORFENEN MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN 18
4.1.1 Vorwurf von Verbrechen gegen die Nation und Verstößen gegen die Verfassung, Gesetze und Verordnungen der Republik Togo (Artikel 148 und 150 der Verfassung) 18
4.1.2 Vorwürfe der Verletzung des Rechts auf Leben 20
4.1.3 Vorwürfe der Folter und unmenschlicher oder herabwürdigender Behandlung 22
4.1.4 Vorwürfe von Festnahmen, willkürlichen Inhaftierungen und Verschleppungen 23
4.1.5 Vorwürfe sexueller Gewalt 25
4.1.6 Versammlungsfreiheit und Freiheit der Teilnahme am öffentlichen Leben 26
4.1.7 Vorwurf der Verletzung des Rechts auf Rede-, Meinungs- und Informationsfreiheit 27
4.1.8 Beschädigung privaten und öffentlichen Eigentums 29
4.1.9 Übersicht über Gewaltakte und offenkundige Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen in der Präfektur Ogou und insbesondere in Atakpamé 31
4.2 ALLGEMEINE AUFKLÄRUNG DER VERANTWORTLICHKEITEN 34
4.2.1 Die Verantwortung der Sicherheitskräfte und die Existenz einer Repressionsstrategie 34
4.2.2 Verantwortung der Parteien der Oppositionskoalition und ihrer Aktivisten 35
4.2.3 Verantwortung der politischen Anführer, Aktivisten und Milizen des Rassemblement du Peuple Togolais 36
5 ETHNISCHE UND FREMDENFEINDLICHE DIMENSION DER POLITISCHEN KRISE IN TOGO 36
6 AUSWIRKUNGEN DER KRISE IN TOGO AUF INTERNEM UND SUBREGIONALEM NIVEAU 38
6.1 Interne Auswirkungen der Krise 38
6.1.1 Steigende Zahl von Vertriebenen innerhalb des Landes 38
6.1.2 Verschlechterung der Sicherheitslage und Vorwürfe des Waffenhandels und Schmuggels 38
6.2 Subregionale Auswirkungen der Krise 39
6.2.1 Flüchtlingsstrom nach Ghana 39
6.2.2 Flüchtlingsstrom nach Benin 40
6.3 Positionen und Aktivitäten der Regierung angesichts der Fluchtbewegungen 41
7 SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN 42
7.1 SCHLUSSFOLGERUNGEN 42
7.2 EMPFEHLUNGEN 43
7.2.1 Vorläufige Beobachtung 43
7.2.2 Hauptempfehlungen 44
7.2.3 Vorschläge für Empfehlungen an die togolesische Regierung 45
7.2.4 Vorschläge für Empfehlungen an die Organisation der Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft 46
ÖFFENTLICHE ANHÄNGE
Anhang 1 Referenzbedingungen der Mission
Anhang 2 Bekanntgabe des Todes von Präsident Eyadema durch den Premierminister und die togolesischen Streitkräfte (FAT)
Anhang 3 Entwurf der Darlegung der Fakten vom 5. Februar bis 4. Mai 2005 zur Situation vor, während und nach den Präsidentschaftswahlen vom 24. Mai 2005 – Vorgelegt von S.E.M. Abbas Bonfoh, Präsident der Nationalversammlung (ehemaliger Interimspräsident der Republik)
EINLEITUNG
Geschichte der Mission
Der Tod des Generals Gnassingbé Eyadéma, Präsident der Republik Togo, stürzte das Land in eine beispiellose Verfassungskrise. Die Vakanz des Präsidentenamts der Republik führte zu einem gespannten Klima, das von schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten bei Verfassungsänderungen gekennzeichnet war. In dieser schwierigen Situation wurden Straßendemonstrationen organisiert, um eine Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung und die strikte Einhaltung der Regeln für die Vakanz des Präsidentenamts zu fordern. Einige Demonstrationen wurden mit Gewalt unterdrückt. Die mühsame und umstrittene Rückkehr zur verfassungsgemäßen Legalität und die zerbrechliche Einigung auf die Abhaltung von Präsidentschaftswahlen am 24. April 2005 führten zu einer weiteren Verschlechterung der Lage bezüglich der Menschenrechte vor, während und nach den Präsidentschaftswahlen. Meinem Büro wurde über Gewalt und schwere Verletzungen der Menschenrechte in Togo berichtet.
Angesichts dieser besorgniserregenden Situation und nach Rücksprache mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen habe ich beschlossen, eine Mission zur Feststellung der Tatsachen einzuleiten, um Licht auf die Gewaltakte und die Vorwürfe bezüglich der Verletzung der Menschenrechte in Togo vor, während und nach den Präsidentschaftswahlen vom 24. April 2005 zu werfen. Die nationalen Behörden haben ihre Kooperationsbereitschaft erklärt.
Am 10. Juni 2005 habe ich Herrn Doudou Diène zu meinem Sondergesandten für Togo ernannt. Herr Doudou Diene ist Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für moderne Formen von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit verbundene Intoleranz. Im Rahmen seiner Mission wurde der Sondergesandte von einer Arbeitsgruppe für technische Hilfe, bestehend aus vier Experten für Menschenrechte, einem Rechtsmediziner und zwei Sicherheitsagenten der Vereinten Nationen (UNO), unterstützt.
Die Mission reiste vom 13. bis 24. Juni 2005 nach Togo. Während diesem Zeitraum reiste sie auch in die Nachbarländer, genauer gesagt nach Benin und Ghana, um Aussagen von vielen togolesischen Flüchtlingen zu sammeln. Am Ende seiner Mission legte der Sondergesandte mir diesen Bericht vor, der Fakten bezüglich seiner Arbeit in Togo, Ghana und Benin und Empfehlungen zur Bekämpfung der Straffreiheit für Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen sowie für Maßnahmen zur Vorbeugung neuerlicher Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen und zur Förderung der Menschenrechte in Togo beinhaltet.
Jegliche Politik und Aktionen bezüglich der Menschenrechtslage in Togo und der Umsetzung der in diesem Bericht enthaltenen Empfehlungen wird von meinem Büro in Abstimmung mit den wichtigsten afrikanischen regionalen und subregionalen Organisationen durchgeführt, insbesondere mit der Afrikanischen Union und der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten.
Mandat der Mission
Die Referenzbedingungen der Mission wurden den togolesischen Behörden übermittelt. In einem Schreiben vom 11. Juni 2005 haben mir die togolesischen Behörden ihre Zustimmung zur Entsendung einer Mission zur Feststellung der Tatsachen bestätigt. Um die Entsendung der Mission nicht zu verzögern, baten die togolesischen Behörden um eine nochmalige Besprechung der Referenzbedingungen auf einer Arbeitssitzung in Lomé. Während dieser Arbeitssitzung wurde zwischen dem Sondergesandten und einer Delegation der togolesischen Regierung Konsens über die folgenden Ziele der Mission erzielt:
Feststellung der Umstände, die zu den vorgeworfenen Menschenrechtsverletzungen zwischen 5. Februar und 5. Mai 2005 führten.
Überprüfung der Berichte, in denen diese Vorwürfe erhoben werden, und Zusammenstellung von Informationen über die Art, Ursache und Urheber der vornehmlich in Lomé, Atakpamé, Aného, Kpalimé, Sokodé und Mango begangenen Übergriffe.
Bewertung der Menschenrechtsfragen im Zusammenhang mit der Durchführung der Präsidentschaftswahlen vom April 2005.
Bewertung der Ursachen und Auswirkungen der Übergriffe auf subregionaler Ebene unter besonderer Berücksichtigung der möglichen erschwerenden Faktoren für die Menschenrechtslage in Togo.
Vorgehensweise
Während ihrer Arbeit trug die Mission dafür Sorge, alle Informationen zu sammeln, die zur Feststellung der Tatsachen und zur Bestimmung der Rolle, die die vermuteten Urheber der Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen spielten, beitragen.
Zu diesem Zweck hat sie Opfer, Zeugen und andere in die Übergriffe und behaupteten Menschenrechtsverletzungen verwickelte Personen getroffen und befragt. Sie traf auch Gesprächspartner, die zur Aufklärung und Krisenanalyse beitragen konnten. So konnte sie mit einem möglichst großen Personenkreis sprechen, darunter dem neuen Präsidenten der Republik, dem Premierminister, Mitgliedern der alten und neuen Regierung, Vertretern der Nationalversammlung und deren Präsidenten Abass Bonfoh, Vertretern des Verfassungsgerichtshofs (in Abwesenheit dessen Präsidenten, der verreist war), der Polizei, der Gendarmerie, der togolesischen Streitkräfte (FAT), lokalen Verwaltungsbehörden, Verantwortlichen der wichtigsten politischen Formationen, Vertretern von Menschenrechtsorganisationen, hochrangigen Religionsvertretern sowie Vertretern von in Togo lebenden Ausländern. Gespräche fanden ebenfalls mit internationalen und regionalen Organisationen statt, darunter der Sondergesandte der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten sowie Vertreter des diplomatischen Korps in Togo (Deutschland, USA, Frankreich, Ghana, Niger, Nigeria und EU).
Zahlreiche Gesprächspartner lieferten der Mission auch Berichte über ihre eigene Analyse der Geschehnisse in Togo. Inhaftierte Personen wurden ausschließlich in Gegenwart von Mitgliedern der Mission befragt. Während ihrer gesamten Arbeit legte die Mission besonderen Wert auf den Schutz von Zeugen, Opfern und allen getroffenen Personen. Durch die Annahme der Referenzbedingungen der Mission verpflichteten sich die togolesischen Behörden nicht nur, vollumfänglich mit der Mission zu kooperieren, sondern auch Opfern, Zeugen und deren Familienangehörigen, die mit der Mission zusammenarbeiten oder mit deren Arbeit zu tun haben, Sicherheit und Schutz zu garantieren. Die Behörden verpflichteten sich insbesondere, dass alle Personen, die mit der Mission Kontakt aufnehmen, von ihr befragt werden oder ihr Informationen geben, nicht Opfer von Belästigungen, Drohungen, Einschüchterungen, Repressalien oder Strafverfolgung werden. Die Mission hat die Erlaubnis, alle erhaltenen Informationen und Zeugenaussagen zu vergleichen, Fakten einzuholen und möglichst objektive Aufklärung der Ereignisse zu erlangen.
Daher genoss die Mission Bewegungsfreiheit auf dem gesamten Staatsgebiet sowie freien Zugang zu allen Orten und Personen, die sie zur guten Ausübung ihres Mandats für unerlässlich hielt. Während ihres Aufenthalts im Land begab sich die Mission an verschiedene Orte, vor allem nach Lomé, Aného, Kpalimé, Atakpamé und Sokodé. Aus Termingründen konnte sie nicht nach Mango reisen. Sie besuchte Gesundheitszentren und Leichenschauhäuser und versuchte in Gefängnisse und andere Inhaftierungsstätten zu gelangen. Der Rechtsexperte der Mission untersuchte das Gemeinschaftsgrab im Viertel Adakpamé in Lomé. Der Experte untersuchte auch die Opfer und studierte die Register der Krankenhäuser, verschiedene Dokumente und Fotos, die die Mission erhielt.
Die Mission dankt der togolesischen Regierung für den Geist der Kooperation, Offenheit und Transparenz, der sich während ihres Besuchs in Togo offenbarte. Dieser Dank gilt auch den Opfern, Zeugen und anderen Gesprächspartnern. Die Mission begrüßt auch die bemerkenswerte Arbeit, die der örtliche Vertreter der Vereinten Nationen in Togo und seine Mitarbeiter geleistet haben. Ihre administrative und logistische Unterstützung ermöglichte es der Mission, ihre Arbeit unter guten Bedingungen durchzuführen. Die außerordentliche Unterstützung der togolesischen Flüchtlinge durch die Organisation der Vereinten Nationen in Benin und Ghana muss betont werden. Diese Teams erlaubten es auch der Mission, die Zeugenaussagen der togolesischen Flüchtlinge respekt- und würdevoll einzuholen.
Weitere vor der Mission zur Feststellung der Fakten eingesetzte Missionen und Untersuchungskommissionen
Vor Einrichtung der Mission zur Feststellung der Fakten des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte hatten die Afrikanische Union sowie die nationalen togolesischen Behörden bereits entschieden, Mechanismen einzurichten, um die Übergriffe und behaupteten Menschenrechtsverletzungen vor, während und nach den Präsidentschaftswahlen vom 24. April 2005 zu beleuchten. Alle diese Initiativen zeugen vom Willen, Togo auf dem Weg zur Prävention von Menschenrechtsverletzungen und im Kampf gegen die Straflosigkeit zu begleiten. Angesichts der Vielzahl der Maßnahmen stellte sich die Frage der Doppelarbeit und der Glaubwürdigkeit der Aktionen. Es könnten auch Synergien erzielt werden, wenn die eingesetzten Strukturen völlige Unabhängigkeit, Gleichheit und Zeugenschutz garantieren und eine konstruktive und wirksame Zusammenarbeit erlauben würden.
Unabhängige nationale Sonder-Untersuchungskommission
Am 25. Mai 2005 setzte der Präsident der Republik Togo per Dekret eine unabhängige nationale Sonder-Untersuchungskommission für die Gewaltakte und den Vandalismus vor, während und nach den Präsidentschaftswahlen vom 24. April 2005 ein. Die Kommission hat den Auftrag, sorgfältige Ermittlungen durchzuführen, um die Umstände der Gewaltakte und des Vandalismus zu bestimmen, den dem Staat und allen anderen Opfern zugefügten Schaden zu bewerten und die Strafverfolgung gegen die Urheber und mutmaßlichen Anführer dieser Taten einzuleiten. Internationale wie nationale Gesprächspartner warfen mehrfach die Frage auf, ob es angebracht sei, eine Mission zur Feststellung der Fakten in das Land zu entsenden, wenn eine nationale Untersuchungskommission eingesetzt worden sei. Während ihrer Gespräche hat die Mission dargelegt, dass ihr Mandat sich von dem der Kommission unterscheidet. Im Gegensatz zur Mission ist die nationale Kommission ein Ermittlungsinstrument, das Strafverfahren gegen die Urheber und mutmaßlichen Anführer der Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen einleiten kann. Daher hat die Kommission ein Mandat, das Ausmaß des dem Staat und anderen Opfern entstandenen Schadens zu bewerten. Dies bedeutet, dass die Kommission das Ausmaß der entstandenen Schäden und Wege der Wiedergutmachung bewerten wird. Diese Elemente sind nicht Bestandteil des Mandats der Mission. Die Einsetzung einer solchen nationalen Einrichtung nach den Gewaltakten, die das Land betrafen, zeigt, dass die togolesischen Behörden bereit sind, anzuerkennen, dass ihre eigenen Mitbürger aus verschiedenen Berufsgruppen die jüngsten Ereignisse im Land gründlich untersuchen und Antworten liefern, um neuer Gewalt vorzubeugen und die Straflosigkeit zu bekämpfen. Im Rahmen der Gespräche mit den neu gewählten Kommissionsmitgliedern konnte die Mission Informationen über diese Einrichtung und die geplanten Aktivitäten sammeln. Die Kommission unterrichtet die Mission zur Feststellung der Fakten, dass sie sich der Zweifel an ihrer Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit aufgrund ihrer Einsetzung durch die nationalen Behörden bewusst ist. Die Mission erfuhr in der Tat von verschiedenen Mitgliedern der togolesischen Gesellschaft, sowohl Politikern wie auch Zivilisten, ein deutliches Gefühl der fehlenden Glaubwürdigkeit der Kommission aufgrund der Tatsache, dass deren Einsetzung, Mandat und Zusammensetzung nicht aus einer formellen Übereinkunft der führenden politischen Parteien und der führenden Organisationen der zivilen Gesellschaft resultierten. So hat die Mission diesbezüglich festgestellt, dass sich die togolesische Liga für Menschenrechte geweigert hat, Mitglied der Kommission zu sein, obwohl Herr Koffigoh deren Gründungsmitglied und erster Präsident war.
Die Mission ist daher der Meinung, dass die Einsetzung der unabhängigen nationalen Sonder-Untersuchungskommission im Prinzip eine positive Initiative darstellt, jedoch mit einigen Herausforderungen zu kämpfen hat – vor allen Dingen, das Vertrauen der togolesischen Bevölkerung zu gewinnen und ihre Unabhängigkeit, ihre Objektivität und ihre Fähigkeit, die Wahrheit über die Gewaltakte und die Menschenrechtsverletzungen herauszufinden, unter Beweis zu stellen sowie die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und den Opfern angemessene Entschädigung zukommen zu lassen.
Zum Zeitpunkt des Zusammentreffens war die Kommission noch nicht einsatzbereit. Sie plante, ihre erste Pressekonferenz am 20. Juni 2005 abzuhalten, ihre Telefonverbindung einzurichten und sich eine E-Mail-Adresse zuzulegen. Ihr Präsident bat den örtlichen Koordinator der Vereinten Nationen in Togo um Schulung der Mitarbeiter in Befragungstechniken.
Hochkommissariat für Rückkehrer und humanitäre Aktionen
Am 8. Juni 2005 richtete die togolesische Regierung per Dekret ein Hochkommissariat für Rückkehrer und humanitäre Aktionen ein, um Schutz und Hilfe für Rückkehrer zu organisieren, alle möglichen Informationen über togolesische Flüchtlinge, Rückkehrer und Vertriebene zu sammeln, die nötigen Ressourcen zu organisieren um ihnen zu Hilfe zu kommen, ihnen bei der dauerhaften Lösung der Probleme, die zu ihrer Lage führten, zu helfen (insbesondere durch ihre Rückführung, freiwillige Rückkehr oder soziale Wiedereingliederung), Maßnahmen bezüglich Gesetzen und Verordnungen zu den Problemen der Flüchtlinge und Vertriebenen vorzuschlagen, die Beziehungen mit staatlichen Institutionen und anderen zuständigen Organen im Hinblick auf humanitäre Prinzipien und Grundrechte der betroffenen Personen sicherzustellen, und Aktionen und Handlungen von humanitären Organisationen zu ermöglichen. Die Mission hatte Gelegenheit, sich kurz mit dem Hochkommissar für Rückkehrer und humanitäre Aktionen zu unterhalten, der gerade sein Amt angetreten hatte.
Die Einrichtung einer solchen Struktur wird als Ausdruck des Willens der Regierung dargestellt, Politik in Richtung der Flüchtlinge und Vertriebenen zu betreiben. Durch diese Handlung erkennen die togolesischen Behörden vollumfänglich das Ausmaß der Vertreibungen im Land und außerhalb des Landes und die Notwendigkeit einer Rückkehrmöglichkeit der durch die Krise vertriebenen Personen an. Diese Gegebenheit ist bei der Bewältigung der Krise in Togo und bei jeglicher dem Land gewährten technischen Hilfe zu berücksichtigen.
Von der nationalen Menschenrechtskommission durchgeführte Untersuchungen
Die nationale Menschenrechtskommission hat eine Untersuchungskampagne bezüglich der Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen anlässlich der Wahlen vom April 2005 durchgeführt. Die Kommission informierte die Mission, dass der Bericht zu dieser Untersuchung gerade fertiggestellt wird. Anschließend übermittelte die Kommission der Mission ein Dokument mit dem Titel „Kurzfassung des Berichts der Untersuchungskampagne zur Überprüfung der Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen anlässlich der Wahlen vom April 2005 in Togo“. Die Kommission stellt „Verzerrungen“ im Hinblick auf die verschiedenen Behauptungen fest und befindet, dass die Regierung und die Urheber dieser Behauptungen sich gegenseitig die Schuld zuweisen. Nach der der Mission vorgelegten zusammenfassenden Tabelle stellt die Kommission 64 Tote, 503 Verletzte und 85 Festnahmen fest. In ihren Schlussfolgerungen und Empfehlungen meint die Kommission, dass „der Zeitraum vom 5. Februar bis 5. Mai 2005 von gewalttätigen Demonstrationen gekennzeichnet war, die teilweise Vergeltungsmaßnahmen durch die Ordnungs- und Sicherheitskräfte provozierten. Diese Ereignisse führten zu schweren Verletzungen des Rechts auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Eigentum, Meinungsfreiheit und Bewegungsfreiheit.“ Daher richtet die Kommission in ihrem Bericht Empfehlungen an die Regierung, die politischen Parteien und die Zivilbevölkerung.
Mission zur Tatsachenfeststellung durch die Afrikanische Union
Im Rahmen ihrer 37. ordentlichen Sitzung vom 27. April bis 11. Mai 2005 in Banjul/Gambia verabschiedete die Afrikanische Kommission für Menschen- und Völkerrechte eine Resolution zur Lage in Togo. Besorgt über die Vorkommnisse in diesem Land entschied sie, eine Mission zur Tatsachenfeststellung in das Land zu entsenden, um die vor, während und nach den Präsidentschaftswahlen vom 24. April 2005 begangenen Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Die Mission kontaktierte die Afrikanische Kommission für Menschen- und Völkerrechte regelmäßig, um Informationen über die Mission zur Tatsachenfeststellung zu erhalten. Zum Zeitpunkt des Besuchs des Sondergesandten des Hochkommissars für Menschenrechte in Togo und den Nachbarländern hatte sich die Afrikanische Kommission für Menschen- und Völkerrechte noch nicht in das Land begeben.
POLITISCHER UND IDEOLOGISCHER KONTEXT DER KRISE
Der politische und ideologische Kontext soll kurz in Erinnerung gerufen werden, um die Krise in Togo sowie die Gewalt und die Menschenrechtsverletzungen in einem klareren Licht erscheinen zu lassen. Jedenfalls ist eine Analyse der Lage in Togo nicht möglich, ohne auch die wichtige Rolle zu unterstreichen, die das Land bei der Beilegung von Differenzen und Konflikten in Afrika gespielt hat.
Rolle Togos bei der Beilegung von Differenzen und Konflikten
Im Westen Afrikas gelegen hat Togo eine Fläche von 56.785 km² und Grenzen zu Burkina Faso im Norden, Benin im Osten und Ghana im Westen. Die Bevölkerung wird auf 5 Millionen Einwohner geschätzt. Die wichtigsten Städte sind die Hauptstadt Lomé (750.000 Einwohner), Sokodé (50.000 Einwohner), Kara (30.000 Einwohner), Kpalimé (30.000) und Atakpame (26.000 Einwohner). Das Land besteht aus rund 40 Ethnien, von denen die Ewe im Süden und die Kabye im Norden die wichtigsten sind. Die Hauptreligionen sind Christentum und Islam. Naturreligionen werden in der togolesischen Gesellschaft noch häufig praktiziert. Togo ist Mitglied der UNO, der Afrikanischen Union und anderer subregionaler Organisationen wie der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (CEDEAO). Präsident Eyadema hat sich als Vermittler bei der Beilegung von Differenzen und Konflikten in Afrika, besonders in der Elfenbeinküste, in Liberia, in Guinea-Bissau, im Tschad, in der Demokratischen Republik Kongo und in Sierra Leone, einen Namen gemacht. Auf Bitten internationaler Institutionen wurden togolesische Streitkräfte und Polizei zur Überwachung von zwischen den kriegführenden Parteien unterzeichneten Friedensverträgen bzw. im Rahmen von friedenserhaltenden Maßnahmen nach Shaba (Zaire, 1978-1979), Ruanda (MINUAR-1993), Haiti (MINUHA-1994) und derzeit in die Elfenbeinküste (ONUCI) sowie nach Liberia (MINUL) entsandt. Togo entsandte auch Kräfte im Rahmen der Friedenstruppen der CEDEAO. Schließlich beteiligte sich das Land auch im Rahmen der Organisation Afrikanische Einheit (OUA) am Projekt der Aufstellung einer Afrikanischen Friedenstruppe, die in Notfällen entsandt werden kann, um sich zwischen die kriegführenden Parteien zu stellen, die Zivilbevölkerung zu schützen sowie Konflikte zu vermeiden und zu lösen.
Nach dem Tod von General Gnassingbe Eyadema, Präsident der Republik Togo, am 5. Februar 2005 fiel das Land in eine neue, nie dagewesene politische Krise, die gekennzeichnet war von gravierenden Unregelmäßigkeiten während der Vakanz des Präsidentenamts der Republik und schweren Spannungen und Gewalt vor, während und nach der Organisation von Präsidentschaftswahlen im April 2005. Der Ablauf der Präsidentschaftswahlen vom 24. April 2004 ist gekennzeichnet von einer schweren Verfassungskrise und von schweren Verletzungen der Grundrechte von Individuen und Bürgern. Diese Krise führte auch zu einem Strom von Vertriebenen innerhalb des Landes und einer großen Zahl von Flüchtlingen in Nachbarländer, namentlich Ghana und Benin. Im Land gab es während verschiedener Wahlperioden immer wieder Ausbrüche von Gewalt. Die Wahlen vom 24. April 2005 scheinen jedoch von einem nie gekannten Ausmaß von Gewalt begleitet worden zu sein. Wie konnte Togo in eine solche politische Krise schlittern? Welches sind die Gründe und Auswirkungen der Gewalt und der Menschenrechtsverletzungen in Togo? Hätten sie vermieden werden können? Warum haben viele Togolesen ihr Zuhause und ihr Land verlassen? Wie kann Togo geholfen werden, erneute Gewalt und Menschenrechtsverletzungen im allgemeinen und insbesondere bei den nächsten Wahlen zu vermeiden und zu verhindern? Im Rahmen ihres Mandats hat die Mission versucht, diese Fragen zu beantworten, um die internationale Gemeinschaft über die Menschenrechtslage sowie die Vorfälle im Land vor, während und nach den Präsidentschaftswahlen vom 24. April 2005 zu informieren und es den Vereinten Nationen zu ermöglichen, in voller Kenntnis der Ursache zu dauerhaften Lösungen beizutragen, die letzten Endes aus der Analyse des togolesischen Volks selbst zu einer nationalen Versöhnung, zur Respektierung der Menschenrechte sowie zu Mitteln und Wegen zur Einführung der Demokratie führen müssen.
Abriss der Machtverhältnisse von Ethnien und Clans und der politischen Gewalt
Seit seiner Entstehung kennt Togo ein gespanntes und von politischer Gewalt gekennzeichnetes Klima. Das Land war von 1889 bis 1919 deutsche Kolonie. Nach der Niederlage Deutschlands wurde das Territorium am Ende des ersten Weltkriegs zwischen Frankreich und England aufgeteilt. Der Großbritannien zuerkannte Teil wurde in Ghana eingegliedert. Dieses schwere koloniale Erbe hat die Entwicklung der togolesischen Gesellschaft beeinflusst und zur Spaltung der Bevölkerung zwischen Nord und Süd geführt. Unter der Ägide der Vereinten Nationen wurde ein Referendum abgehalten, das es Togo ermöglichte, nach und nach als Frankreich unterstellte Republik Autonomie zu erlangen. 1960 erlangte Togo die Unabhängigkeit. Der erste Präsident Sylvanius Olympio wurde 1963 bei einem Staatsstreich ermordet, bei dem aus dem Norden des Landes stammende Militärs, namentlich von der Bevölkerungsgruppe der Kabyé, eine entscheidende Rolle spielten und Nicolas Grunitzky an die Macht kam. 1967 wurde der zweite Präsident vom Militär abgesetzt und General Gnassingbé Eyadema, ein aus dem Norden stammender Militär, an die Macht gebracht. Nach Meinung von Beobachtern des Landes war er der Urheber des ersten Staatsstreichs. 1969 gründete Gnassingbe Eyadéma das Rassemblement du Peuple Togolais (RPT), bis 1991 die einzige zugelassene Partei.
General Gnassingbe Eyadema führte Togo 38 Jahre lang mit starker Hand und unter Nichtbeachtung von guter Regierungspraxis, Menschenrechten und demokratischen Gepflogenheiten. Nach Meinung zahlreicher nationaler und internationaler Beobachter war seine Regierungszeit gekennzeichnet von Machtausübung durch Ethnien und Clans und systematischem Einsatz politischer Gewalt gegen alle Arten von Opposition. Dieses Klima führte zu ständigen politischen und sozialen Protesten und einem fortwährenden Verfall der Menschenrechtslage im Land.
Nach den gesammelten Informationen wurden die Bevölkerungsgruppe der Kabyé und die Partisanen des Rassemblement du Peuple Togolais (RPT) von Präsident Eyadema bei der Besetzung von verantwortungsvollen Posten in Armee, Verwaltung und hohen Staatspositionen systematisch bevorzugt. Trotz der ethischen Vielfalt seien Führungspositionen in der togolesischen Armee, dank derer der frühere Präsident an die Macht kommen konnte, vorwiegend mit aus dem Norden stammenden Offizieren besetzt worden.
Gewalt stellte in der politischen Geschichte Togos während der Regentschaft von Präsident Eyadema einen ständigen Faktor dar. Diese Gewalt zeigte sich insbesondere in verschiedenen Formen von Repressionen gegen Oppositionsparteien und alle tatsächlichen oder potentiellen Gegner bis zu Manipulationen von Verfassung und Wahlgesetzen, um die Macht und das System zu festigen. Ein Beispiel aus jüngerer Vergangenheit war die Änderung von Artikel 59 der Verfassung, der die Präsidentschaft auf zwei Wahlperioden beschränkte, durch die mehrheitlich aus Mitgliedern des Rassemblement du Peuple Togolais bestehende Nationalversammlung am 30. Dezember 2002. Der neue Artikel 59 hebt die Beschränkung der Amtszeit auf und erlaubt es dem Präsidenten der Republik, auf unbestimmte Zeit im Amt zu bleiben. In gleicher Weise wurde am 6. Februar 2003 das Wahlgesetz geändert. Es sah ursprünglich vor, dass die unabhängige nationale Wahlkommission (Commission électorale nationale indépendante, CENI) in Abstimmung mit dem Innenminister für Wahlen und Volksabstimmungen verantwortlich war. Das neue Wahlgesetz überträgt die Durchführung von Wahlen und Volksabstimmungen direkt dem Innenminister. Die CENI ist nur noch für die Überwachung der ordnungsgemäßen Durchführung von Volksabstimmungen und Wahlen zuständig. Gegen die Präsidentschaftswahlen von 1986, 1993, 1998 und 2003, die General Eyadema regelmäßig gewann, gab es regelmäßig heftige Proteste. Daher boykottierten die Oppositionsparteien regelmäßig die Legislativ-, Regional- und Lokalwahlen. Seit den frühen 1990er Jahren begann die internationale Gemeinschaft, höchst alarmiert durch die politische Lage in Togo, wegen der systematischen Blockade des demokratischen Prozesses, des Fehlens wirklich freier, gerechter und transparenter Wahlen, blutiger Unterdrückung, Protesten und schweren Verletzungen der Menschenrechte im Umfeld von Wahlen wirtschaftliche Sanktionen gegen das Land zu verhängen.
Menschenrechtslage während 38 Jahren unter der Herrschaft von Präsident Eyadema
Togo hat die wichtigsten Menschenrechtskonventionen unterzeichnet, d.h. die internationale Vereinbarung über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1994), die internationale Vereinbarung über zivile und politische Rechte (1972), die Konvention zur Gleichstellung von Frauen (1983), die Konvention gegen Folter und andere Schmerzen, brutale, inhumane oder herabwürdigende Behandlung (1987) und die Kinderrechtskonvention (1990). Diese Konventionen sind Bestandteil der revidierten Verfassung vom 31. Dezember 2002. Artikel 50 dieser Verfassung bestimmt, dass „die in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung und den internationalen Instrumenten zu Menschenrechten, die von Togo ratifiziert wurden, niedergelegten Rechte und Pflichten Bestandteil dieser Verfassung sind“. Togo hat einige Berichte zu diesen Instrumenten vorgelegt; mehrere Berichte stehen jedoch noch aus. Diese Verzögerungen, die teilweise auf fehlende finanzielle Mittel und unzureichende Qualifikation des mit der Erstellung beauftragten Personals zurückzuführen sind, sind nach Meinung von Menschenrechtsorganisationen auch auf den politischen Willen zurückzuführen, jeder ernsthaften Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen zu entrinnen.
Togo war 1987 das erste afrikanische Land, das eine nationale Menschenrechtskommission einsetzte. Seit der Verabschiedung der Verfassung 1992 wurden Institutionen zur Förderung und zum Schutz von Menschenrechten eingeführt, namentlich ein Ministerium für Demokratie und Rechtsstaat und eine Oberbehörde für Audiovision und Kommunikation (HAAC). Den Einrichtungen fehlt jedoch Unabhängigkeit und ausreichend qualifiziertes Personal, um sicherzustellen, dass sie gut funktionieren.
In den 1990er Jahren genossen die togolesischen Behörden auch technische Unterstützung durch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte, ausgerichtet auf Sensibilisierung und Ausbildung zur Entwicklung einer demokratischen Kultur und auf die Bildung eines Rechtsstaats. Dieses Projekt bestand aus zwei Komponenten. Die erste bezog sich auf die Menschenrechte in der Justiz, die Bildung von Berufsgruppen, die Unterstützung der nationalen Menschenrechtskommission sowie auf Gesetzgebungsorgane und die Bereitstellung von Dokumenten über Menschenrechte. Die zweite Komponente bezog sich auf Erfordernisse zur Erziehung in Menschenrechtsfragen, die Ausbildung von Lehrern, die Unterstützung der nationalen Kommission zur Überarbeitung von Lehrplänen für Grund- und weiterführende Schulen zur Einbindung von Unterricht in Menschenrechtsfragen und die Bildung neuer Strukturen, insbesondere einer Kommission zur Harmonisierung der nationalen Gesetzgebung, einer Kommission zur Erstellung von regelmäßigen Berichten und eines Informations- und Dokumentationszentrums für Menschenrechte. Dieses Projekt hat auch zur Stärkung der operativen Kräfte von Nichtregierungsorganisationen (NGO) zur Verfechtung der Menschenrechte beigetragen.
Dieses 1996 begonnene Projekt der technischen Zusammenarbeit endete 1998 und war im Juni 1999 Gegenstand einer technischen Bewertung. Die Bewertungsmission kam zu dem Ergebnis, dass es gut ausgeführt wurde.
Trotz dieses wichtigen Instrumentariums zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte wurden weiterhin Menschenrechte und öffentliche Freiheiten verletzt.
Die Menschenrechtslage in Togo war gekennzeichnet von hartnäckiger Nichtbeachtung von Menschenrechten und Grundfreiheiten und einem ständigen Mangel an Demokratie. Die mit der Überwachung von internationalen Menschenrechtsvereinbarungen beauftragten Organe haben regelmäßig ihre Besorgnis angesichts der ständigen Verschlechterung der Menschenrechtslage zum Ausdruck gebracht. Diese Situation zeigt sich durch außergerichtliche Hinrichtungen, willkürliche Verhaftungen, Folter, Bedrohung und wiederholte Einschüchterung durch die togolesischen Sicherheitskräfte gegenüber der Zivilbevölkerung, insbesondere Menschenrechtsverfechtern, Journalisten, Gewerkschaftsvertretern sowie Aktivisten und Anführern der Oppositionsparteien. In diesem Zusammenhang zeigt die Sorgfalt, mit der die togolesischen Behörden positiv auf die Forderungen nach Besuchen des Sonderberichterstatters für Folter, der Sondervertreterin des Generalsekretärs für Menschenrechte und der Arbeitsgruppe für Verschleppungen besonders deutlich die Entwicklung dieser Situation.
Im Jahr 2000 wurde von UNO und OUA eine gemeinsame internationale Untersuchungskommission gebildet, um „die Wahrheit der Vorwürfe von Hunderten von außergerichtlichen Hinrichtungen im Laufe des Jahres 1998 in Togo, die im Bericht von Amnesty International (AI) vom 5. Mai 1999 erhoben wurden, zu überprüfen“ und den beiden Generalsekretären zu berichten. In ihrem Bericht vom 22. Februar 2001 drückte die Kommission in ihren allgemeinen Schlussfolgerungen „ihre Überzeugung aus, dass diese Vorwürfe bezüglich fortgesetzter außergerichtlicher Hinrichtungen in Togo in Betracht zu ziehen sind. Diese Hinrichtungen betrafen insbesondere Aktivisten der Oppositionsparteien, einige wurden jedoch auch anlässlich von Verhaftungen nach allgemeinen Gesetzesverstößen vorgenommen. Bezüglich der Straflosigkeit dieser Verstöße scheinen einige offensichtliche Aspekte darauf hinzudeuten, dass sie das Werk von Angehörigen der Sicherheitskräfte, der Gendarmerie und der mit ihnen zusammen arbeitenden Milizen waren. Neben den außergerichtlichen Hinrichtungen umfassten ihre Taten Vorladungen und Willkür, Folter und Misshandlung von Inhaftierten sowie Vergewaltigungen und Verschleppungen von Frauen in bestimmten Regionen.“
Im Bewusstsein des negativen Images des Landes im Bereich der Menschenrechte und der schädlichen Auswirkungen der Wirtschaftssanktionen auf die Entwicklung des Landes verstärkten die Behörden ihre Anstrengungen, ihren Willen zur schrittweisen Verbesserung der Menschenrechtslage und der Demokratie zu zeigen. 2004 schien Togo bereit, mit Entwicklungshilfeorganisationen und allen anderen Partnern bei der Konsolidierung des Rechtsstaats, der Menschenrechtskultur und des Friedens zusammenzuarbeiten. Das Jahr 2004 war insbesondere gekennzeichnet von der Wiederaufnahme von Gesprächen zwischen Togo und der Europäischen Union. Auf Basis von Artikel 96 des Vertrags von Cotonou, der mit den ACP-Ländern (Afrika, Karibik, Pazifik) unterzeichnet wurde, entschied die Europäische Union am 14. April 2004 Gespräche mit Togo zu eröffnen, um über eine eventuelle Wiederaufnahme der seit 1993 wegen fehlender Demokratie und Verletzung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ausgesetzten wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Togo zu entscheiden.
Am 14. April 2004 bekräftigte die Europäische Union nicht ihre Entscheidung zur Aussetzung der Wirtschaftshilfe, sondern entschied sich für den Dialog mit Togo. Sie stellte auch mit Befriedigung fest, dass Togo „bestimmte Verpflichtungen eingegangen ist und bestimmte positive Anzeichen einer Stärkung des demokratischen Klimas und des Rechtsstaats erkennbar sind.“ In der Tat unterzeichnete Togo in Brüssel zweiundzwanzig (22) Verpflichtungen mit dem Ziel, Menschenrechte und Grundfreiheiten zu garantieren, darunter die Teilnahme am öffentlichen Leben, die Einhaltung des Wahlverfahrens, der Schutz von Menschenrechtsvertretern und der Zivilgesellschaft, die Freilassung aller politischen Gefangenen, die Verbesserung der Festnahme- und Haftbedingungen. Die Einhaltung dieser Verpflichtungen sollte die Grundlage für die Fortsetzung der Verhandlungen mit der Europäischen Union sein. So sollte Togo Hilfe durch die Europäische Union gewährt werden, wenn das Land für eine bestimmte Zeit die eingegangenen Verpflichtungen einhielte.
Die Ereignisse vom 5. Februar bis 5. Mai 2005 zeigten jedoch die Verschlechterung der Menschenrechtslage, wobei insbesondere politische Gewalt und besonders schwere Menschenrechtsverletzungen einen Höhepunkt erreichten und die Verantwortung vieler Akteure, insbesondere des staatlichen Sicherheitsapparats und der machthabenden politischen Partei sowie der militanten Opposition, in Frage stellten.
CHRONOLOGIE DER EREIGNISSE BEZÜGLICH DER MENSCHENRECHTE
Im Umfeld dieser schweren politischen und humanitären Krise wurde die Mission zur Tatsachenfeststellung nach Togo entsandt, um Licht auf die Gewalt und die mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen in Togo zwischen dem 5. Februar 2005 (Tod des Präsidenten Eyadema) und dem 5. Mai 2005 (Amtsübernahme durch den gewählten Präsidenten Faure Gnassingbé) zu werfen. Die Mission versuchte, objektiv und unvoreingenommen die Fakten und die Verantwortlichkeiten insbesondere durch die Chronologie bezüglich der Menschenrechte zurückzuverfolgen. Dieser Bericht beschäftigt sich daher mit den wichtigsten Fakten politischer Gewalt und schwerer Menschenrechtsverletzungen. Die folgende Chronologie soll die Fakten deutlich machen.
Am 5. Februar 2005 verkündete Premierminister Koffi Sama den Tod des Präsidenten von Togo, Gnassingbé Eyadéma, und gab gleichzeitig die Schließung der Grenzen zu Land, zu Wasser und in der Luft bekannt. Am frühen Abend stellten die togolesischen Streitkräfte (Forces Armées Togolaises, FAT) in einem Kommuniqué „die totale Machtvakanz“ fest, da sich der Präsident der Nationalversammlung nicht auf dem Staatsgebiet befand. Um diese Situation nicht andauern zu lassen, entschied die FAT, die Macht von diesem Tag an auf Faure Gnassingbé zu übertragen.
Diese Entscheidung wurde in dem Moment getroffen, als sich Fambaré Natchaba Ouattara, Präsident der Nationalversammlung und verfassungsmäßiger Nachfolger im Fall der Vakanz des Präsidentenamts, von einem Staatsbesuch im Ausland auf dem Rückweg nach Togo befand. Der Linienflug, auf dem er sich befand, wurde wegen der Schließung der Grenzen nach Cotonou, die Hauptstadt Benins, umgeleitet.
Die Entscheidung der togolesischen Armee, Faure Gnassingbé zum Nachfolger seines Vaters zu erklären, wurde auf Ebene der Afrikanischen Union (UA), der Kommission der Afrikatischen Einheit, der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (CEDEAO), der Internationalen Organisation für die Französische Sprache (OIF) sowie der Europäischen Union (EU) umgehend und scharf verurteilt. Auf nationaler Ebene verlangten die Oppositionsparteien die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung durch Einführung einer „einvernehmlichen Übergangslösung“, die in Präsidentschafts- und Legislativwahlen unter der Ägide der internationalen Gemeinschaft münden sollte. Am 9. Februar 2005 beschloss der ständige Rat für die Französische Sprache, die Teilnahme der Vertreter Togos an Gremien der Internationalen Organisation für die Französische Sprache (OIF) und die multilaterale Kooperation französischsprachiger Staaten auszusetzen. Zum 19. Februar 2005 suspendierte die CEDEAO Togo von der Organisation, rief ihre Vertreter aus Lomé zurück und sprach ein Reiseverbot gegen die togolesischen Führer aus.
Am 6. Februar 2005 verkündete die Opposition unter Kritik an den Verfassungsregeln, die die Entscheidung der Armee, Faure Gnassingbé zum Interimspräsidenten zu erklären, legitimierten, ihren Willen, friedlich gegen diese Entscheidung zu protestieren. Der Innenminister verbot jegliche öffentlichen Kundgebungen wegen der zweimonatigen Staatstrauer, die von der Regierung verhängt worden war, um „das Andenken des verstorbenen Präsidenten zu ehren“.
Trotz einer Vielzahl von Appellen zur Rückkehr zur Verfassungsordnung wurde Faure Gnassingbé am 7. Februar 2005 offiziell als neuer Präsident eingesetzt.
Ab dem 7. Februar 2005 wurden in Lomé und anderen großen Städten des Landes friedliche Demonstrationen und Boykotte organisiert. Diese Demonstrationen waren Gegenstand von Repressionen durch die Sicherheitskräfte.
Am 9. Februar 2005 richtete der neue Präsident seine erste Rede an die Nation und unterstrich dabei die Ausführung der zweiundzwanzig (22) Verpflichtungen, die am 14. April gegenüber der Europäischen Union eingegangen worden waren, sowie seine Bereitschaft zur Abhaltung von Wahlen. Er entschied auch, an die 412 Inhaftierte freizulassen.
Am 12. Februar 2005 organisierten die sechs sogenannten radikalen Oppositionsparteien ihre erste Demonstration, um die Rückkehr zur Verfassungsordnung zu fordern. An die vier Personen wurden im Laufe der Demonstrationen vom 12. und 13. Februar 2005 inhaftiert.
Besorgt über die Krise in Togo und ihre Auswirkungen auf die Demokratie in der Region verstärkte die CEDEAO ihre Aktivitäten für eine Rückkehr zur Verfassungsordnung. Eine von der Außenministerin von Niger, Aichatou Mindaoudou, geleitete Delegation der CEDEAO wurde vor Beginn der Einsetzungszeremonie von Faure Gnassingbé und Premierminister Koffi Sama empfangen. Ein außerordentliches Gipfeltreffen der CEDEAO über die Stabilität und den Frieden in Togo wurde am 19. Februar 2005 in Niamey einberufen.
Dank der Vermittlung der CEDEAO und der Afrikanischen Union änderte die togolesische Nationalversammlung am 21. Februar 2005 die Verfassung und kehrte zum alten Text zurück, der die Abhaltung von Wahlen innerhalb von 60 Tagen vorsah.
Am 27. Februar 2005 endete ein von Frauenorganisationen organisierter Marsch, der die Rückkehr zur Verfassungsordnung forderte, mit Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten. Am folgenden Tag wurden in der Lagune von Bè, einem Standteil von Lomé, das für seine Feindseligkeit gegenüber dem amtierenden Regime bekannt ist, fünf Leichen gefunden, darunter die Leiche eines Kindes von ungefähr zehn Jahren.
Am 25. Februar 2005 trat Faure Gnassingbé auf Druck der internationalen Gemeinschaft zurück, und der erste Vizepräsident der Nationalversammlung, Abass Bonfoh, wurde zum Interimspräsidenten von Togo ernannt.
Im Rahmen des Wahlprozedere wurde Faure Gnassingbé zum Kandidaten des Rassemblement du Peuple Togolais gewählt. Emmanuel Akitani Bob wurde zum Kandidaten der sogenannten radikalen Opposition bestimmt. Diese Koalition vereint sechs Parteien, nämlich das Comité d’Action pour le Renouveau (CAR), die Union des Forces de Changement (UFC), die Convention Démocratique des Peuples Africains (CDPA), die Alliance des Démocrates pour le Développement Intégral (ADDI), der Pacte Socialiste pour le Renouveau (PSR) und die Union des Démocrates Socialistes du Togo (UDS-Togo). Zwei weitere Kandidaten stellten sich zur Wahl, nämlich Harry Olympio, Präsident des Rassemblement pour le Soutien de la Démocratie et du Développement, und Nicolas Lawson, Anführer der Parti du Renouveau et de la Rédemption. Am 31. März 2005 übermittelte der Präsident der CENI dem Verfassungsgerichtshof die Dossiers der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl. Am 4. April 2005 prüfte der Verfassungsgerichtshof diese Dossiers und erklärte alle Kandidaturen für gültig.
Am 28. Februar 2005 machte eine hochrangige Delegation der CEDEAO, bestehend aus dem amtierenden Präsidenten der CEDEAO, dem Präsidenten von Niger, Mamadou Tandja; dem Präsidenten von Mali, Amadou Toumani Touré; und dem nigerianischen Minister für Integration und Kooperation in Afrika, Senator Lawan Gana Guba, als Vertreter des Präsidenten Olusegun Obasanjo einen Arbeitsbesuch in Togo. Die Delegation sprach mit dem Interimspräsidenten von Togo, Abbas Bonfoh, mit dem Innenminister sowie mit dem Generalmajor der togolesischen Streitkräfte (Force Armées du Togo, FAT). Sie „bekräftigte gegenüber allen politischen Akteuren in Togo die Ziele der CEDEAO, insbesondere die Einhaltung der Verfassungsordnung, die Notwendigkeit zur Abhaltung transparenter, freier und gerechter Wahlen innerhalb von 60 Tagen, wie in der Verfassung von Togo vorgeschrieben, und die Notwendigkeit, in der Übergangszeit die Bürgerrechte zu respektieren sowie den Frieden und die Sicherheit für alle Togolesen zu bewahren“. Dieses Treffen führte zu einer Einigung zwischen Regierung und Opposition über strittige Punkte bezüglich der Wahl und legte den Grundstein für die Schaffung von Bedingungen zur Durchführung von glaubwürdigen Wahlen. Unter dem Gesichtspunkt der Menschenrechte wurden folgende Bedingungen herausgestellt: „die Notwendigkeit, allen politischen Akteuren Bewegungsfreiheit im gesamten Staatsgebiet zu garantieren; die Notwendigkeit, Grundfreiheiten zu garantieren und zu stärken; die Notwendigkeit, dass alle politischen Akteure und ihre Sympathisanten von jeglichen Hassreden Abstand nehmen und Gewalttaten vermeiden; die Notwendigkeit, dass die Verwaltung, die öffentlichen Sicherheitskräfte und alle Institutionen der Republik unparteiisch sind und strikte Neutralität wahren; gleichberechtigter Zugang zu den öffentlichen Medien für alle politischen Parteien …“. Im Laufe dieses Zusammentreffens ernannte die CEDEAO Herrn Mai Manga Boukar zum Sondergesandten der CEDEAO in Togo zur Beobachtung der Vorbereitung für die Präsidentschaftswahlen. Gleichzeitig beschloss die CEDEAO, dem Innenminister von Togo drei Wahlexperten aus Benin, Niger und Mali zur Verfügung zu stellen, um ihn bei der Vorbereitung der Wahlen zu unterstützen. Schließlich wurden im Rahmen des Wahlprozedere an die 150 regionale Beobachter nach Togo entsandt.
In einem Pressekommuniqué vom 5. April 2005 appellierte die Oppositionskoalition „an die togolesische Bevölkerung, ihr Recht auf Freiheit und Demokratie zu verteidigen, indem sie im ganzen Land in massiven Demonstrationen die Wiederaufnahme der Überprüfung der Wahllisten und die Verschiebung der Präsidentschaftswahlen vom 6. April 2005 bis zur Erfüllung ihrer Forderungen verlangt“. Die Koalition forderte „die togolesische Bevölkerung“ auch auf, „bis zum endgültigen Sieg mobiler und wachsame denn je zu sein“.
Die Rundfunkanstalten Nana FM, Kanal FM, Nostalgie, Carré Jeunes, RTZ (radio télévision Zion) und TV7 wurden von der obersten Behörde für Rundfunk und Kommunikation (HAAC) geschlossen. Ihnen wurde vorgeworfen, ihre Jahresgebühr nicht bezahlt zu haben und zu Hass und Stammesdenken beizutragen. Am 15. April 2005 verbot die HAAC privaten Radiosendern, über den Präsidentschaftswahlkampf zu berichten.
Am 16. April 2005 gab es in den Straßen von Lomé gewalttätige Zusammenstöße zwischen Aktivisten des RPT und der Koalition. Die staatlichen Dienste meldeten offiziell rund fünfzig Verletzte.
In der Nacht vom 21. auf den 22. April 2005 wurde der mit der Organisation der Präsidentschaftswahlen beauftragte Innenminister François Boko entlassen. Auf einer Pressekonferenz verlangte er wegen des schlechten politischen Klimas, in dem sich der von Gewalt und einem drohenden Bürgerkrieg überschattete Wahlkampf abspielte, eine Verschiebung der Wahlen. Er unterstrich insbesondere die folgenden Fakten, die seine Entscheidung rechtfertigten: die heftigen und schroffen Reden bestimmter politischer Führer, die von den Aktivisten übernommen wurden; Verhaftung von Politikern; Drohungen gegenüber Führern und Verantwortlichen der Kirchen; Druck und Drohungen gegen ihn persönlich und sein Umfeld; die Vereinnahmung des Wahlkampfs durch Aktivisten zweier führender politischer Formationen, die damit ihren festen Willen zum Einsatz von illegalen Mitteln bekräftigten; Bedrohung von Parteiaktivisten durch Aktivisten anderer Parteien; mit Jagdgewehren bewaffnete Milizen, die in Stadtviertel einfielen oder Trauerzüge begleiteten und auf Aktivisten der Gegenparteien schossen; und das Wiederaufleben von Stammesfehden, Regionalismus und Fremdenhass. Auf seiner Pressekonferenz schlug er die Einführung von Mechanismen vor, namentlich eine Übergangszeit von ein bis zwei Jahren zur Befriedung des Landes, eine Vorschlagskommission für die Regierung, sowie ein Projekt für ein Grundgesetz zum Aufbau und zur Festigung der Demokratie und eine Kommission zur Versöhnung des Landes mit der Armee. Schließlich befürwortete er eine Generalamnestie, um allen im Exil lebenden Togolesen die Rückkehr zu ermöglichen. Im Anschluss an diese Pressekonferenz musste der Minister sich in die Deutsche Botschaft flüchten und dann nach Europa ins Exil gehen. Die Machthaber bewerteten das Handeln des Ministers als verantwortungslos.
Am 24. April, dem Wahltag, meldeten die Oppositionsparteien eine Vielzahl von Verletzungen des Wahlrechts, Behinderung der Präsenz der Oppositionsparteien in den Wahllokalen und körperliche Gewalt gegen Aktivisten der Opposition. Internationale Fernsehsender zeigten Bilder von Militärs, die gewaltsam Urnen aus den Wahllokalen entfernten.
Am 25. April 2005 organisierte Olusegun Obasanjo, Präsident der Bundesrepublik Nigeria, in Abuja ein Versöhnungstreffen zwischen Faure Gnassingbé und Gil-Christ Olympio, bei dem er einen Textentwurf für ein Memorandum vorlegte, das unter anderem eine Übergangszeit für eine Regierung der nationalen Einheit, eine Reform der Armee, die Überarbeitung der Verfassung usw. vorsah. Dieser Textentwurf wurde nicht Gegenstand einer formellen Vereinbarung.
Am 26. April 2005 verkündete die Unabhängige Nationale Wahlkommission (Commission Electorale Nationale Indépendante, CENI) das vorläufige Endergebnis der Wahlen, aus denen Faure Gnassingbé, Kandidat des Rassemblement du Peuple Togolais (RPT) mit 60,2 % der Stimmen gegenüber 38,2 % für den Kandidat der Oppositionskoalition, Akitani Bob, als Sieger hervorging. Es ist anzumerken, dass des RPT und die Oppositionskoalition sich gegenseitig des Betrugs bezichtigten. Die Bekanntgabe des Wahlergebnisses war der Beginn des Ausbruchs schwerster politischer Ausschreitungen und systematischer Menschenrechtsverletzungen. Sympathisanten und Aktivisten der Opposition zweifelten in Demonstrationen in den Straßen von Lomé und anderen Regionen die Gültigkeit der Ergebnisse an. Ordnungskräfte und Aktivisten der machthabenden Partei RPT schlugen die Protestaktionen gewaltsam nieder. In der gesamten Krise führten diese Demonstrationen zu der größten Zahl von Opfern sowie der Zerstörung von Gütern und Eigentum. In Lomé, in den Vierteln Bé, Adakpamé und Dékon, wurden Aktivisten misshandelt und eigneten sich Feuerwaffen an. Gewalttätige Ausschreitungen gab es auch in anderen Städten, namentlich in Atakpamé, Aného, Kpalimé, Mango, Sokodé und Tsévié. Diese Gewalt war der Grund für die Massenflucht innerhalb des Landes sowie den gewaltigen Flüchtlingsstrom nach Ghana und Benin.
Die CEDEAO deutete an, dass „die Wahl im allgemeinen den Kriterien und allgemein anerkannten Prinzipien für Wahlen entsprochen hat“.
Faure Gnassingbé schlug der Opposition vor, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Dieser Vorschlag wurde von der geteilten Opposition nicht angenommen. Angesichts dieser Blockade entsandte die CEDEAO eine Mission nach Lomé, um die Positionen der Parteien in der Krise anzunähern. Die Opposition erklärte ihre Bereitschaft, eine Beteiligung an einer Regierung der nationalen Einheit zu prüfen, vorausgesetzt der Schutz der Zivilbevölkerung sei sichergestellt und eine Untersuchungsinstanz für das Wahlergebnis vom 24. April 2005 werde eingesetzt.
Am 2. Mai 2005 verkündete der Verfassungsgerichtshof das Endergebnis der Präsidentschaftswahlen und erklärte Faure Gnassingbé zum Präsidenten der Republik.
Am 4. Mai 2005 wurde Faure Gnassingbé vor dem Verfassungsgerichtshof als neuer Präsident vereidigt.
Ab dem 5. Mai forderten viele Länder sowie regionale und internationale Organisationen die wichtigsten politischen Formationen in Togo auf, den Dialog zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit zu beginnen, und unterstützten somit die Bemühungen der CEDEAO.
Nachdem der Versuch, eine Regierung der nationalen Einheit unter der Leitung eines sogenannten radikalen Oppositionsführers zu bilden, gescheitert war, ernannte der Präsident der Republik am 8. Juni 2005 Edem Kodjo zum Premierminister.
Am 20. Juni 2005 konstituierte sich eine Regierung der nationalen Einheit. In ihr sind Mitglieder des RPT stark vertreten. Kpatcha Gnassingbé wurde zum Präsidialminister mit Zuständigkeit für Verteidigung und Veteranen ernannt, Colonel Pitalouani Laokpessi, eine Persönlichkeit aus der Armee, wurde zum Sicherheitschef, Zarifou Ayeva von der so genannten moderaten Opposition zum Minister für äußere Angelegenheiten und afrikanische Integration, und Tchessa Abi von der so genannten radikalen Opposition zum Justizminister ernannt.
ART DER VORWÜRFE VON MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN UND VERANTWORTLICHKEITEN
ART DER ÜBERGRIFFE UND VORGEWORFENEN MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN
Vorwurf von Verbrechen gegen die Nation und Verstößen gegen die Verfassung, Gesetze und Verordnungen der Republik Togo (Artikel 148 und 150 der Verfassung)
Die Entscheidung der FAT, das Amt des Präsidenten der Republik auf Faure Gnassingbé zu übertragen, wurde mit der Abwesenheit des Präsidenten der Nationalversammlung, dessen Flugzeug wegen der Schließung der Grenzen an der Landung in Lomé gehindert und nach Cotonou, die Hauptstadt des Nachbarlands Benin, umgeleitet wurde, begründet.
Die togolesische Verfassung sieht genaue Regelungen für den Fall der Vakanz des Präsidentenamts der Republik vor. Artikel 65 der Verfassung besagt, dass „im Fall der Vakanz des Präsidentenamts der Republik durch Tod, anderweitige Aufgaben oder definitive Verhinderung die Präsidentenfunktion provisorisch vom Präsidenten der Nationalversammlung ausgeübt wird. Die Vakanz wird durch den von der Regierung angerufenen Verfassungsgerichtshof festgestellt. Innerhalb von sechzig (60) Tagen nach Eintritt der Vakanz beruft die Regierung die Wahlkommission zur Wahl eines neuen Präsidenten der Republik ein.“ Die Nationalversammlung hat zwei wichtige Entscheidungen getroffen, die diese Situation bestätigten. In einem Dokument mit dem Titel „Projekt zur Präsentation der Fakten vom 5. Februar bis 4. Mai 2005 über die Situation vor, während und nach den Präsidentschaftswahlen vom 24. April 2005“, das dem Sondergesandten während des Treffens im Rahmen seiner Mission vorgelegt wurde, deutet der derzeitige Präsident der Nationalversammlung, Abbas Bonfoh, an, dass „die nationale Vertretung in diesem außergewöhnlichen Zeitraum eine gewisse Anzahl von Gesetzestexten verabschiedet hat, um die Gesetzmäßigkeit des Handelns der togolesischen Streitkräfte herzustellen“.
In der Tat wurde die Mission diesbezüglich über grundsätzliche und Verfahrensfehler informiert, die die Verfassungsänderungen beeinträchtigten. Am 6. Februar 2005 kam die Nationalversammlung zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen, um die Verfassungsänderungen vorzunehmen, und verabschiedete gleichzeitig zwei Gesetzesvorlagen. Als erstes änderte die Versammlung Artikel 65 der Verfassung unter Verletzung von Artikel 144 Absatz 5 der Verfassung, der besagt, dass „während einer Interims- oder Vakanzperiode oder bei Beeinträchtigung der Unversehrtheit des Territoriums keinerlei Änderung vorgenommen oder verfolgt werden kann“. Als zweites verabschiedete die Nationalversammlung einen Gesetzesentwurf, der es Faure Gnassingbé erlaubte, innerhalb eines Tages wieder Abgeordneter zu werden, ohne in seinem Wahlkreis wiedergewählt worden zu sein. Durch die Regierungsübernahme hatte Faure Gnassingbé seinen Abgeordnetenstatus verloren, da Artikel 203 des Wahlgesetzes besagt, dass „das Abgeordnetenmandat mit der Ausübung jeglichen öffentlichen Amts und jeglicher bezahlten Anstellung unvereinbar ist“. Die Versammlung fuhr fort mit der Änderung dieses Artikels, um es Herrn Gnassingbé zu ermöglichen, seinen Status als Abgeordneter der Nationalversammlung nach seinem Regierungsrücktritt vom 5. Februar 2005 wieder einzunehmen. Die Versammlung fügte dem Artikel 203 einen neuen Absatz hinzu, der unterstrich: „Da der Grund der Unvereinbarkeit wegfällt, erlangt der Abgeordnete wieder das volle Recht an seinen Funktionen.“ Diese von der Versammlung getroffene Regelung trat unter Missachtung von Artikel 52 Absatz 5 der Verfassung über die Vorgehensweise bei Unvereinbarkeit mit sofortiger Wirkung in Kraft. Dieser Artikel besagt, dass die Vorgehensweise bei Unvereinbarkeit und die Bedingungen, unter denen diese auf freie Abgeordnetensitze anzuwenden ist, nach den Vorgaben der Verfassung in einem eigenen Gesetz geregelt sind. Artikel 92 der Verfassung besagt, dass „Vorschläge oder Vorlagen für eigene Gesetze innerhalb von fünfzehn (15) Tagen nach ihrer Einreichung der Nationalversammlung zur Beratung und Abstimmung vorzulegen sind“. Dieser Artikel besagt ebenfalls, dass „die eigenen Gesetze erst in Kraft treten können, nachdem sie vom Verfassungsgerichtshof für verfassungsgemäß erklärt wurden“. So fällten die Versammlung und der Verfassungsgerichtshof innerhalb von zwei statt fünfzehn Tagen unter Missachtung der Verfahrensregeln Entscheidungen, die darauf abzielten, die Entscheidung der Armee zur Machteinsetzung von Faure Gnassingbé gutzuheißen. Die Verfassungsänderung unterliegt strengen Regeln.
Artikel 144 besagt, dass für eine Verfassungsänderung die Zustimmung des Präsidenten und mindestens eines Fünftels (1/5) der Abgeordneten der Nationalversammlung erforderlich ist. Es ist verboten, während einer Interims- oder Vakanzperiode oder bei Beeinträchtigung der Unversehrtheit des Territoriums ein Änderungsverfahren einzuleiten. Die Nationalversammlung war somit nicht berechtigt, während der Vakanz- und Interimsperiode Verfassungsänderungen vorzunehmen. Die vorgenommenen Änderungen hätten vom Verfassungsgerichtshof für null und nichtig erklärt werden müssen. Diese Gesetzesvorlagen wurden durch den von der Armee ernannten Präsidenten in völliger Unkenntnis oder Missachtung der Verfassung veröffentlicht. Gemäß Artikel 67 der Verfassung „veröffentlicht der Präsident der Republik“ in der Tat „Gesetze innerhalb von fünfzehn (15) Tagen nach Übermittlung des von der Nationalversammlung endgültig angenommenen Gesetzes an die Regierung die Gesetze; innerhalb dieses Zeitraums kann er eine erneute Beratung des Gesetzes oder bestimmter Artikel verlangen; dieses Verlangen muss begründet sein. Die erneute Beratung kann nicht abgelehnt werden.“ In diesem Fall verkündete der designierte Präsident die Gesetze, bevor er offiziell im Amt war. Artikel 64 der Verfassung bestimmt, dass der Präsident vor seinem Amtsantritt vor dem feierlich zusammengetretenen Verfassungsgerichtshof den Eid leistet. Dieser feierliche Zusammentritt fand am 7. Februar 2005 statt, d.h. einen Tag nach der Verkündung der Gesetze durch den Präsidenten. So stellt diese Verkündung auch eine Form- und Verfahrensverletzung dar.
Der Verfassungsgerichtshof, die höchste Gerichtsbarkeit im Staat (Artikel 99 der Verfassung) mit dem Auftrag, die Einhaltung der Regelungen in der Verfassung (Artikel 104 der Verfassung) zu überwachen und die grundlegenden Menschenrechte sowie die öffentlichen Freiheiten zu garantieren, erklärte die Abstimmungen vom 6. Februar 2005 nicht für verfassungswidrig. Er hat sie sogar für gültig erklärt oder anerkannt, indem er am 7. Februar 2005 Faure Gnassingbé als neuen Präsidenten der Republik vereidigte.
Die gesamte von Überstürzung, Ungeschicklichkeit und Improvisation gekennzeichnete Gesetzesmanipulation zeigt die Prägnanz einer Kultur der Straflosigkeit und Menschenrechtsverletzungen. Diesbezüglich wurde die Aufmerksamkeit der Mission am Beispiel von Professor Charles Debbasch auf die zweifelhafte Rolle von in Verfassungsrecht und Bürgerrechten im allgemeinen bewanderten ausländischen Experten bei dieser Gesetzesmanipulation gelenkt. Der Rückgriff auf die Dienste ausländischer Experten in diesem Zusammenhang wirft Fragen auf, die einer gründlicheren Untersuchung bedürfen.
Vorwürfe der Verletzung des Rechts auf Leben
Alle befragten Gesprächspartner und Zeugen bestätigten der Mission gegenüber, dass es bei den Ausschreitungen und Unruhen zwischen dem 5. Februar und 5. Mai 2005 zahlreiche Verletzte und Tote gab. Die genannten Zahlen schwanken:
– Das Innenministerium meldete der Mission 69 Tote und 461 Verletzte;
– In einem der Mission vorgelegten Dokument über die „Der Nationalpolizei im Laufe der soziopolitischen Unruhen in Togo zwischen dem 5. Februar und 15. Juni 2005 bekannt gewordenen Fakten“ nennt die Polizei insgesamt zwanzig (20) Fälle von Gewalt mit Todesfolge, davon neun (9) in Lomé, festgestellt von der Zentraldirektion der Justizpolizei, und elf (11) Fälle im Landesinneren, namentlich in Kpélé-Adéta (01), in Danyi (02), in Atakpamé (05), in Tohoun (02) und in der Unterpräfektur Akébou (01);
– Die nationale Menschenrechtskommission meldet in ihrem zusammenfassenden Bericht nicht erschöpfender Daten 64 Tote, 503 Verletzte und 85 Festnahmen;
– In ihrem „Vorläufigen Bericht über Menschenrechtsverletzungen, Gewaltakte und Vandalismus vor, während und nach den Präsidentschaftswahlen“ vom 24. April 2005 mit Datum vom Mai 2005 zieht die togolesische Bewegung zur Verteidigung von Freiheiten und Menschenrechten (Mouvement togolais de défense des libertés et des droits de l’homme, MTDLDH) eine vorläufige Bilanz von 58 Toten und 317 Verletzten, darunter 48 Angehörige der Ordnungskräfte;
– In ihrem „Vorläufigen Bericht vom 5. Mai über massive Menschenrechtsverletzungen durch das RPT-Regime vor, während und nach den Wahlen“ nennt die togolesische Liga für Menschenrechte (Ligue Togolaise des Droits de l’Homme, LTDH) 811 Tote und 4508 Verletzte.
Die Mission erhielt mehrere Listen von Toten, Verletzten und Verschwundenen. Neben diesen Daten erhielt die Mission besonders glaubwürdige Zeugenaussagen, nach denen sich die Zahl der Toten auf 400 bis 500 beläuft. Nach Meinung der Mission wurden die Daten über schnelle Hinrichtungen nicht ausreichend berücksichtigt. Die Mission wurde über Fälle von schnellen Hinrichtungen insbesondere in Atakpamé und Aného, nicht zu vergessen in Lomé, unterrichtet. Der Rechtsmediziner der Mission stellte daraufhin Unstimmigkeiten und Widersprüche zwischen den mündlichen Informationen aus offiziellen Quellen und den Daten in den Registern der Leichenschauhäuser bzw. den in Krankenhäuser eingelieferten Personen fest. Glaubwürdige Quellen berichteten der Mission von der Existenz von Armeekommandos mit entsprechend ausgerüsteten Fahrzeugen, die den Auftrag hatten, nicht nur Demonstranten und Aktivisten niederzuschlagen, sondern auch Leichen einzusammeln und systematisch verschwinden zu lassen, unter anderem um eine Zählung der Opfer durch die Rettungsdienste zu verhindern. Schließlich wurde der Mission aus einer Vielzahl von Quellen von der Existenz von Massengräbern berichtet, in denen viele Menschen begraben seien, insbesondere in der Präfektur Ogou. Die Mission konnte dies nicht nachprüfen.
Unter den Todesopfern hätten sich Demonstranten, Aktivisten, Polizisten und Staatsangehörige von Mali und Nigeria befunden. Die Opfer seien teilweise im Laufe von Demonstrationen und teilweise im Laufe von gewaltsamen Übergriffen in Stadtvierteln und Vororten getötet worden, vor allem nach der Verkündung des vorläufigen Ergebnisses der Präsidentschaftswahlen.
Am 26. April 2005, nach der Bekanntgabe des vorläufigen Ergebnisses der Präsidentschaftswahlen durch die CENI, bei der der Sieg des Kandidaten des RPT verkündet wurde, hätten Aktivisten der politischen Opposition begonnen, Gewalttaten zu begehen. Sie hätten Barrikaden errichtet, Gräben in ihren Vierteln ausgehob
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